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Bürger sollen nicht mehr für kaputte Straßen zahlen – Dortmund würden Millionen fehlen

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Wenn die Stadt Dortmund Straßen erneuert, müssen die Anlieger dafür blechen. Straßenbaubeiträge heißen diese Abgaben. Sie können schon mal tausende Euro betragen. Der Bund der Steuerzahler fordert nun, die Beiträge in ganz NRW abzuschaffen. Die Stadt müsste sich in diesem Fall was in Sachen Finanzierung ausdenken.

Straßenerneuerungen sind nicht nur für Autofahrer ein Ärgernis, wenn sie die Baustellen umfahren müssen. Auch die Ruhe der Anwohner leidet darunter – und ihr Geldbeutel. Denn ein Gesetz in NRW besagt, dass sich die Grundstückseigentümer an den Kosten beteiligen müssen, wenn die Stadt Straßen erneuert, erweitert oder verbessert.

Die gesetzliche Grundlage für die Straßenbaubeiträge ist §8 des Kommunalabgabengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen. Deswegen werden die Abgaben auch oft KAG-Beiträge genannt. Satz 1 des Gesetzestexts regelt: „Die Gemeinden und Gemeindeverbände können Beiträge erheben. Bei den dem öffentlichen Verkehr gewidmeten Straßen, Wegen und Plätzen sollen Beiträge erhoben werden, soweit nicht das Baugesetzbuch anzuwenden ist.“

Auf Grundlage dieses Gesetzes haben alle Gemeinden ihre eigenen Satzungen für die Straßenbaubeiträge. Die sind jedoch extrem unterschiedlich. Einige Gemeinden verlangen hohe Abgaben von den Anliegern, andere fast keine oder wollen sie ganz abschaffen.

So ein Gesetz wie in NRW gibt es jedoch nicht in ganz Deutschland. Der Landesvorsitzende des Steuerzahlerbunds sagte gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa), dass es in mehreren Bundesländern gar keine Straßenbaubeiträge gebe. Das findet der Bund der Steuerzahler ungerecht und fordert deswegen die flächendeckende Abschaffung. Zuletzt hat Bayern die Straßenbaubeiträge rückwirkend zum Jahresbeginn 2018 abgeschafft.

Der Bund der Steuerzahler untermauert seine Forderung laut dpa mit einer repräsentativen Meinungsbefragung. Demnach sprachen sich zwei Drittel der 1005 Befragten dafür aus, Straßenbaubeiträge entweder bundesweit einheitlich oder gar nicht zu erheben. Die Einnahmeausfälle sollten mit zweckgebundenen Zuweisungen des Landes an die Kommunen kompensiert werden, meinten 90 Prozent.

Betroffen von den Abgaben sind nicht die Mieter der Wohnungen, sondern die Grundstückseigentümer an den betroffenen Straßen. Wirz sagt, dass die Mieter jedoch indirekt über die Miete zur Kasse gebeten werden. Auf die Nebenkosten dürfen die Beiträge jedoch nicht umgelegt werden.

Große Unterschiede innerhalb von NRW

Wie viel die Anlieger zahlen müssen, ist in jeder Kommune anders. Es gibt zwar für ganz NRW eine Mustersatzung, die Richtwerte vorgibt. Aber sie lassen großen Spielraum. Zum Beispiel schlägt die Mustersatzung vor, die Grundstückseigentümer bei der Fahrbahnerneuerung einer Hauptverkehrsstraße zwischen zehn und 40 Prozent zu beteiligen. Ein Beispiel: Falls Bürger der Kommune A mit zehn Prozent Beteiligung 250 Euro zahlen müssen, wären es bei Anwohnern aus Kommune B mit 40 Prozent Beteiligung 1.000 Euro. Beide Kommunen könnten ihre Beiträge mit der Mustersatzung rechtfertigen.

Solche Unterschiede sind nicht nur beispielhaft, sondern zeigen sich auch in NRW. Der Bund der Steuerzahler hat im Januar einen Stichprobenvergleich im Kreis Unna durchgeführt. Für das Zahlenbeispiel nimmt er an, dass die Erneuerung einer Anliegerstraße 60.000 Euro kostet. Nach seiner Berechnung zahlt etwa der Besitzer einer zweigeschossigen Doppelhaushälfte in Bergkamen 825 Euro. Ein vergleichbarer Hausbesitzer in Werne zahlt mehr als doppelt so viel, 1.608,75 Euro.

Die Unterschiede bei diesem Beispiel liegen zum einen am unterschiedlichen Maß, inwieweit die Stadt ihre Bürger an den Kosten beteiligt. In Bergkamen ist es der Mindestanteil der NRW-Mustersatzung (50 Prozent) und in Werne fast der Höchstsatz (75 Prozent). Zum anderen kommen noch unterschiedlich hohe Nutzungsfaktoren für ein zweigeschossiges Gebäude hinzu. Der beträgt in Werne 1,3 und in Bergkamen 1,0 – die Multiplikation mit 1 erhöht den Beitrag in Bergkamen also gar nicht.

Stadt Dortmund orientiert sich eher am Höchstwert

Die Beiträge in Dortmund sind eher mit denen in Werne zu vergleichen. Der Anteil für die Grundstückseigentümer beträgt in Dortmund 70 Prozent und der Faktor bei einem zweigeschossigen Gebäude 1,25. In dem Rechenbeispiel des Steuerzahlerbunds würden die Dortmunder 1443,75 Euro zahlen.

Die Stadt Dortmund bittet die Anlieger insgesamt vergleichsweise stark zur Kasse. Sie orientiert sich in ihrer Satzung eher am oberen Ende der NRW-Mustersatzung. Wenn sie den Parkstreifen oder Gehweg einer Anliegerstraße oder einer Hauptgeschäftsstraße erneuert, verwendet sie sogar den Höchstsatz. Dann müssen die Bürger für 80 Prozent der Kosten aufkommen und die Stadt für 20 Prozent.

Die Satzung für die KAG-Beiträge unterscheidet zwischen Anliegerstraßen, Haupterschließungsstraßen, Hauptverkehrsstraßen und Hauptgeschäftsstraßen:

1. Anliegerstraßen: Straßen, die überwiegend der Erschließung der angrenzenden oder der durch private Zuwegung mit ihnen verbundenen Grundstücke dienen.

2. Haupterschließungsstraßen: Straßen, die der Erschließung von Grundstücken und gleichzeitig dem Verkehr innerhalb von Baugebieten oder innerhalb von im Zusammenhang bebauten Ortsteilen dienen, soweit sie nicht Hauptverkehrsstraßen sind.

3. Hauptverkehrsstraßen: Straßen, die dem durchgehenden innerörtlichen Verkehr oder dem überörtlichen Durchgangsverkehr dienen, insbesondere Bundes-, Landes- und Kreisstraßen mit Ausnahme der Strecken, die außerhalb von Baugebieten und von im Zusammenhang bebauten Ortsteilen liegen.

4. Hauptgeschäftsstraßen: Straßen, in denen die Frontlänge der Grundstücke mit Ladengeschäften oder Gaststätten im Erdgeschoss überwiegt, soweit es sich nicht um Hauptverkehrsstraßen handelt.

Die Einnahmen der Stadt aus den Straßenbaubeiträgen sind übrigens immer unterschiedlich und abhängig vom Umfang der abrechnungsfähigen Straßen. In den letzten fünf Jahren (2013 bis 2017), so Stadtsprecher Frank Bußmann, lag der Durchschnitt der Einnahmen bei rund 1,9 Millionen Euro pro Jahr.

In 2016 lagen die Einnahmen bei 1,822 Millionen Euro; hier wurden an 1.525 Anlieger
Bescheide geschickt. In 2017 wurden 1,950 Millionen Euro eingenommen von 872 Anliegen.

„Schon aus dem Vergleich dieser beiden Jahre kann man erkennen, dass sich hier keine allgemeingültigen Durchschnittswerte ablesen lassen. Die Einnahmen und auch die Anzahl
der Bescheide werden durch jeweiligen die Maßnahmen bestimmt“, erläutert Sylvia
Uehlendahl, die Leiterin des Tiefbauamtes der Stadt Dortmund.

Und was würde passieren, würden die Einnahmen durch die Straßenbaubeiträge eines Tages – wie vom Bund der Steuerzahler gefordert – wegfallen? Bußmann: „Sollte die Beitragserhebungspflicht und damit Einnahmen wegfallen, müssten diese durch andere Finanzierungen – nachrangig dann Kredite – aufgefangen werden.“


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